Fedora wird DoH nicht in Firefox aktivieren

Guten Nachrichten von Fedora. Wie wir so eben einer relevanten Fedora Mailingliste entnehmen konnten, planen die Fedora Entwickler das DoH in Firefox nicht zu aktivieren, wenn es kommt.

DNS over HTTPS in Firefox

Das Thema hat ganz schön für Wellen gesorgt. Ohne mich zu wiederholen, ist die Essenz über DoH, daß es vom Prinzip her ok ist, aber eben durch die Zentralisierung im Firefox auf Cloudflare so nicht akzeptabel ist. Da der Bundesdatenschutz ähnliche Bedenken gezeigt hat, wie sie auch mir und Anderen gekommen sind, würde das in Europa für Mozilla vermutlich nicht besonders gut ausgehen, um nicht zu sagen, daß es ein sehr teures Experiment würde.

Ein Fedora Entwickler bekundete in der ML dann auch, daß es in der Form nicht defaultmäßig aktiviert sein wird. Zieht  man sich aber Firefox von der Mozillaseite direkt, z.b. wegen einer ESR Version, wäre das natürlich anders.

Ich für meinen Teil sage, daß jemand, der am DNS rumspielt, extrem viel Ahnung davon haben sollte, was DNS für alle bedeutet, um sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Mozilla und Cloudflare zähle ich jetzt nicht zu dem Kreis, sonst wäre diese Entscheidung so nicht gefallen. Da ich das Thema erst heute in einem 90 Minütigen Vortrag mal von mehreren Seiten beleuchtet habe, kann ich sagen, daß so „simple“ der Dienst auch erscheinen mag, alle nachträglichen Security Erweiterungen sind daran gescheitert. DNS SEC z.b. hat zwar für Vertrauen in das Ergebnis gesorgt, ist aber auch nicht in allen Ecken und Enden der Server und Desktopanwendungen angekommen. Man mag es nicht glauben, aber das Fedora Repo kennt gerade mal eine Handvoll Pakete und die meisten davon sehen aus, als wenn es nur Teile ein und desselben Programms sind.

DNS-over-TLS, was technisch DNS-over-HTTPS sehr nahe kommen wird, ist auch so ein Krisenfall. Die Ursache dafür liegt darin, daß gute Krypto immer bedeutet, daß mehr in Aufwand, Rechenleistung,Zeit und Datengröße investiert werden muß, was es insgesamt teuer und langsam macht. Das wollte Mozilla mit dem Alleingang vermutlich vermeiden, aber dafür die Privatsphäre opfern geht ja mal gar nicht. Aber vielleicht meinten sie das ja auch ironisch, weil die Verschlüsselung sollte ja genau das verbessern, was es faktisch natürlich nicht tut 🙂

Gegen die Idee, daß auch der Inhalt von DNS gegen abhören gesichert ist, spricht außer der Rechenleistung, dem Keymanagement, der Datenblockgröße eigentlich nichts.  Allerdings habe ich so meine Zweifel, ob das in den 1 $US IoT Chips jemals sauber implementiert sein wird.

Bleibt nur zu hoffen, daß das Ziel Encrypted DNS irgendwann mal funktioniert.

Wieso DoH nicht gut für die Privatsphäre des User ist.

Mozilla will ja ab sofort in den USA DoH als Testballon starten. Der Rest der Welt soll später folgen. Ziel der Aktion ist es, daß DNS Anfragen nicht mehr von DNS-Servern wie Bind beantwortet werden, sondern, daß Webserver die DNS Informationen für den anfragenden Clienten per HTTPS beantworten. Bleibt die Frage, was und woher tunnelt er die Daten?

„Wäre es nicht die Wirklichkeit, es wäre ein Bestseller“

Ganz kurz umrissen, wird Firefox per HTTPS  die Cloudflare DoH-Webserver fragen, die holen sich DNS Antworten dann vom Cloudflare DNS-Servern und der von den korrekten  DNS-Servern. In der Endstufe war geplant, daß die besuchten Webserver die DNS Anfragen selbst beantworten, so daß wieder eine dezentrale Struktur entsteht.

Mozilla möchte damit erreichen, daß DNS Anfragen nicht mehr im Klartext durchs Netz gehen, weil ein Angreifer die bisherige DNS Information mit einer MITM-Attacke angreifen kann ( Man-in-the-Middle ). Nobel, aber sollte DNSSEC nicht genau das Problem lösen?

Und wer sagt uns, daß Cloudflare die Daten nicht manipuliert? Millionen von DNS-Webanfragen  würden bei Cloudflare durchgehen und wären so leichteste Beute für einen, der nicht will, daß Domain X erreichbar ist, oder Inhalt Y hat.

Wer schützt uns vor Zensur?

Das DNS System, denn es gibt Millionen DNS Server und Caches aus denen ich mir die Informationen zu einer Domain ziehen kann, inklusive der Autoritären-DNS des Domaininhabers.

Wie jetzt, Eurer Provider blockt externe DNS und erlaubt Euch nur seine eigenen DNS-Caches zu benutzen?

Lest das hier: UDP Traffic per SSH tunneln

Und wie sieht es mit dem Datenschutz aus?

Firefox sendet jetzt private Informationen in einem Ausmaß an ein amerikanisches Unternehmen, daß daraus leicht Profile bilden kann, und der Datenschutz sieht zu? Glaube ich kaum.

Was wollte Mozilla doch gleich mit DoH schützen?

Die Privatsphäre, ach ja, kommen wir mal dazu. Korrekt ist, daß ein DNS Betreiber in den Logfiles, so er denn welche erstellt, nachsehen kann, welche IP welche Domain hat auflösen wollen. Cloudflare kann das auch, niemand hindert sie daran. D.b. für die Privatsphäre ist es mit Cloudflare als derzeit einzigem DoH Betreiber, noch schlechter bestellt, als jetzt.

Derzeit kann ich mir aussuchen, welchen der vielen DNS Server ich frage, oder ob ich mir vielleicht gleich selbst einen eigenen DNS Cache hinstelle, der nur für mich arbeitet. Mit DoH geht das nicht mehr, außer ich betreibe einen DoH Server. Mangels Masse, eher unrealistisch derzeit.

Wie man seine eigenen DNS Anfragen auf möglichst viele DNS Server verteilt um bei keinem der DNS Betreiber ein sinnvolles Profil zu hinterlassen, findet Ihr in diesem früheren Beitrag von mir : Linux – DNS-DeTracking mit nscd

Fazit

DoH ist derzeit die leibhaftige Vision einen dystopische Zukunft, in der alle User bei einem einzigen Anbieter sind, so wie in den Terranauten, alle beim Energiekonzern Energie beziehen, vom Lebensmittelkonzern ernährt werden und auch ansonsten von Monopolen beherrscht werden. DoH ist im jetzigen Zustand nur eins: nicht akzeptabel.

Eine (von vielen) Alternative

DNS-Anfragen per TLS manipulationssicher zu machen, ist ok. Aber, wozu eigentlich der HTTP Overhead? Reicht es nicht, wenn Bind einen TLS Port bereitstellen würde und der zuerst gefragt wird? Das hätte zur Folge, daß der Server durch den SNI im TLS auch domainbasierte Zertifikate benutzen kann, also auch beweisen könnte, daß er er ist und nicht ein MITM-Angreifer.

Zugegeben, der Overhead dabei wäre aufgrund der möglichen Schlüssellängen ziemlich heftig, aber dafür könnte man z.b. kleinere, mit dem Zertifikat des Domaininhabers signierte, DNS Zertifikate einsetzen. Lets Encrypt könnte das z.B. gleich mit erzeugen und ausliefern, wenn das Hauptzertifikat erzeugt wird.

DNS-Caches könnte man dann gleich daran erkennen, daß sie ein Zert anbieten, daß nicht zum Domainnamen paßt. Anhand der bekannten Root–Zertifikate könnte man auch gleich die Ketten verifizieren. Es ist etablierte Technik, es gibt etablierte Bibliotheken, systemische Schwachstellen sind bekannt, und durch die kürzeren Zerts wäre der Performanceeinbruch nicht so stark. Würde man zudem mehrere DNS Anfragen in einer TCP Sesssion durchführen, so denn sinnvoll möglich, würde der Overhead weiter sinken.

Es gibt also Methoden, die eine derzeit zentrale Instanz wie Cloudflare nicht benötigen, warum also  dann DoH durchziehen?  In einer dystopischen Zukunft wären die Gründe wie immer: Machtgeilheit, Geldgier und, daß eine Gruppe von wackeren Helden den Schurken in einem effektvollen Kampf schlagen kann.

In dem Sinn: „Avengers, Assemble!“