Der Ghostscript Exploit, der in andere Anwendungen eskaliert

Vor einigen Tagen hatte ich ja was zum Kernel Bug geschrieben, nämlich, daß ich mir mehr Sorgen mache, daß eins der Desktopprogramme geknackt wird. Jetzt ist es bei Ghostscript soweit.

Der Ghostscript Exploit, der in andere Anwendungen eskaliert

Ghostscript < 10.1.02  hat eine Schwachstelle, die das Ausführen von Code erlaubt. Das an sich ist schon schlimm, wenn man dann erfährt, daß das bei den Maintainer untergegangen ist 🙁

Schlimmer ist aber, daß die Lücke in andere Anwendungen wie InkScape, LibreOffice und Gimp eskaliert, dort also auch funktioniert. Möglich macht dies das Äquivalent der größten Container-Sorge überhaupt: Diese Anwendungen halten sich eine selbst gepatchte Version von Ghostscript in der Codebasis und naja, in der ist der Bug auch drin.

Das ist vergleichbar mit einer Sammlung von Docker Containern,Snaps & Flatpaks, welche alle die gleiche ausnutzbare libPNG drin haben und jetzt alle geupdated werden müssen, wo ja eigentlich nur eine Komponente das Update wirklich bräuchte: Ghostscript. Was zeigt das: Dumme Entscheidungen brauchen kein Containermodell 😉

Anstatt einer Komponente, müssen jetzt ein Haufen unübersehbarer Anwendungen aktualisiert werden, wozu man erstmal rausfinden muß, wo das überall drin ist. Das muß man erst mal schaffen. Log4J lässt so derbe grüßen, daß heute wohl Murmeltiertag ist.

Da zu allem Überfluss ein POC-Exploit bekannt ist, werden echte Exploits nicht lange auf sich warten lassen.

Die Situation auf Debian ist besser als die von Fedora, weil Debian immerhin das erste GS Update ausgeschickt hat, bei Fedora aber nichts am Horizont ist. Dagegen habe ich mal was gemailt…

https://cve.mitre.org/cgi-bin/cvename.cgi?name=CVE-2023-36664

https://www.kroll.com/en/insights/publications/cyber/ghostscript-cve-2023-36664-remote-code-execution-vulnerability

 

Entspannt Euch mal – Kernel Schwachstelle in 6.1.x++

Da gewisse Kreise mal wieder trollgleich Häme verbreiten wollen, nur weil eine Schwachstelle im Kernel ist, muß man das mal für die etwas einordnet, die nicht soviel davon verstehen, wie Sicherheitslücken einzuordnen sind.

Entspannt Euch mal – Kernel Schwachstelle in 6.1.x++

Für Desktopbenutzer ist eine Kernelschwachstelle erstmal keine besondere Lücke. Sie muß geschlossen werden, keine Frage, aber besonders kritisch ist die erst mal nicht. Bevor jemand eine Kernellücke ausnutzen kann, muß er i.d.R. Code auf dem PC ausführen können und der wird idealerweise direkt mit dem Kernel reden müssen. Von der Regel gibt es natürlich Ausnahmen, z.b. wenn die Lücke im Netzwerk-, USB- oder Bluetoothstack ist. Diese sind von außen erreichbar, sonst wären sie ja sinnlos 😉

Für Euch bedeutet das, der Angreifer muß eine Lücke in einem der unzähligen Programme auf Eurem PC ausnutzen können um seinen Code auszuführen. Dazu muß da aber erst einmal eine Lücke vorhanden sein. Und ganz realistisch betrachtet, wenn da eine Lücke drin ist, braucht der Angreifer keinen Kernel Exploit mehr. Ihr seid i.d.R. der einzige Benutzer, was bedeutet: er hat jetzt Vollzugriff auf Eure Daten. Was kann er noch mehr erreichen?

Das Extra-Mehr eines Kernelexploits

Das Extra-Mehr besteht darin, daß wenn Ihr schlau wart und Eure Bankgeschäfte mit einem anderen Benutzer macht, er da dann auch dran kommt. Bedingung für das Extra-Mehr ist also, daß Ihr Euch auch extra angestrengt habt um Eure Sicherheit zu erhöhen. Einige tun das, ich habe auch mehrere Benutzer die Jobs erledigen, aber die meisten Benutzer da draußen haben das nicht.

Deswegen solltet Ihr mehr Angst vor einer Schwachstelle in Chrome und Firefox haben, als vor dieser Kernellücke, denn die befindet sich im Speichermanagement des Kernels. Eine sogenannte Use-After-Free-Schwachstelle. Dabei gibt ein Prozess Speicherbereiche frei, die aber von einem anderen Programm/Codeteil noch aufgerufen werden, also eigentlich noch in Benutzung sind. Bekommt ein anderes Programm Zugang dazu, kann es ggf. Code in dem Kontext des den Speicherblock freigegebenen Programmes ausführen lassen.. Das geht auch in die andere Richtung, da also z.b. der Angreifer einen Stück Speicher mit Code versieht, freigibt und ein anderer Prozess führt den dort befindlichen Code aus( eher seltenes Szenario).

In einer Multi-Benutzer-Umgebung

Die Crux an dem Kernelexploit hier ist jetzt, daß die Besitzer des Prozesses der den Exploit nutzen will und des angegriffenen Programmes nicht gleich sein müssen. D.b. der Angreifer kann ein x-beliebiger User im System sein, und der angegriffene Prozess kann Root gehören. In der Konstellation wird es also richtig gefährlich, weil der angreifende Benutzer, so seine Rechte ausweiten kann. Auf einem Server muß man sich daher große Gedanken zu dieser Lücke machen, auf dem heimischen Desktop eher nicht.

Also, entspannt Euch ein bisschen. Ich fahr jetzt auf eine Party 😉