CoronaChroniken: „Houston, wir haben ein Problem!“

Liebe Nicht-so-Infizierte,

im gestrigen Beitrag ging es um die Fehlerquote bei PCR Test und wie sich das auf die veröffentlichten Zahlen auswirkt.

„Houston, wir haben ein Problem!“

Wer das Video nicht gesehen hat, sollte das schleunigst nachholen. Prof. Dr. Haditsch ist sehr aufschlussreich, auch wenn das beim ersten Sehen vermutlich verwirrend ist, weil er den Rechenweg nicht erklärt. Das richtige Standbild wird Euch das aber leicht vermitteln 😉 Für alle, die sich das erklären lassen müssen, erst einmal eine Begriffsklärung:

Durchseuchung (der Bevölkerung) in Prozent meint, wie viele den Virus mit sich rumschleppen, bezogen auf alle Testfälle.

Sensitivität = Wie empfindlich ist der Test, d.b. wie viele Proben werden korrekt positiv erkannt.

Spezifität = Wie zuverlässig ist das negative Ergebnis, d.b. wie viele Proben werden korrekt negativ befunden.

Je weiter die Werte gegen 100% gehen, desto genauer ist der Test.

Rechenbeispiel: (Wie im Video)

10.000 Leute bei einer Durchseuchung von 1% => 100 Infizierte . 10.000 – 100 => 9.900 die nicht Infiziert sind.

1. Schritt: Sensitivität 90%

100 * 90% = 90 positive Ergebnisse(P), 10 negative Ergebnisse, die aber positiv hätten sein müssen ( False Negatives )

2. Schritt: Spezifität

9.900 * 90% = 8.910  => 9.900 – 8.910 = 990 False Negatives(FN)

3. Zusammenrechnen

990 FN + 90 P = 1.080 wirklich positive (WP)
8.910 +  10 = 8.920 negative

4. Fehlerraten berechnen

90 P / 1.080 WP * 100 = 8 % Zuverlässigkeit der Positiven Ergebnisse (PPV im Video)

8.910 / 8.920 = 99,9 % Zuverlässigkeit der Negativen Ergebnisse (NPV im Video)

Wenn man das jetzt mit einem besseren Test macht, bei dem die Sensitivität und die Spezifität 99% sind, dann kommt da raus:

99 P / 198 WP * 100 = 50 % Zuverlässigkeit der Positiven Ergebnisse (PPV im Video)

9.801 / 9.802 = 99,98 % Zuverlässigkeit der Negativen Ergebnisse (NPV im Video)

Wie wir im Spiegel und auch in der zugrundliegenden Studie lesen können, schwankt die „Fehlerrate“ zwischen 1.4% und 2.2%, meint also 98,6% und 97,8% für Sensitivität und Spezifität.

Hinweis: Kleine Simplifizierung hier, für beide Werte wird der gleiche Prozentsatz angenommen, natürlich werden die sich unterscheiden.

Im Ergebnis der PPV kommt dann 49,69% und 49,49% raus, die Schwankung ist also minimal! Es spielt praktisch keine Rolle.

Die Durchseuchung

Jetzt haben wir ein Problem, sagt der Beitragstitel: Die Durchseuchung

Diese ist in unseren Beispielen 1%, also ein Mensch pro 100 Menschen hat eine Infektion. Dummerweise wissen wir das nicht, denn genau das rauszufinden, ist Aufgabe der Tests. Ohne diese Zahl kann man die Zuverlässigkeit PPV und NPV nicht bestimmen, wie man auch im Film von Prof. Haditsch sieht, wenn er die Durchseuchung einfach mal von 1% auf 15% anhebt. Dann werden aus den 8% schnell 94,6 % PPV, meint, daß das Testergebnis von marginal korrekt zu sehr zuverlässig wechselt.

Wissen wir also nicht, wie hoch die Durchseuchung in der Bevölkerung ist, wissen wir nichts darüber, wie viele von den Testergebnissen falsch sind. Diese Zahl können wir aber nie wissen, weil es dazu einer Momentaufnahme aller Menschen bedürfen würde, ergo arbeitet man mit Annahmen. Um diese Annahmen treffen zu können, müssen Studien wie in Heinsberg gemacht werden, deren Ergebnisse, aber in sich wiederum unscharf sind, weil die False Positives die Durchseuchung wiederum beeinflussen würden. Was stellte Herr Kaiser so gern fest: „Ein Teufelskreis!“

Die Durcheuchung ist regional anders und kann nicht für ganz Deutschland genommen werden, dazu ist das Geschehen viel zu dynamisch. Jetzt kann man sinnvolle Rahmenbedingungen annehmen: kaum jemand ist krank, ergo ist die Durchseuchung niedrig. Aber schon der Unterschied von 1% zu 2% Durchseuchung entscheidet (siehe oben) ob wir 50% PPV haben oder schon 75% PPV. Das ist ein heftiger  Unterschied. Bei 50% PPV ist jeder zweite Infizierte nicht krank, wohingegen bei 75% sind schon 3 von 4 Infizierten wirklich infiziert. Um das beurteilen zu können, müßte das RKI seine Schätzungen veröffentlichen. Hat die Zahlen schon mal wer in der Wildbahn gesehen? Wohl eher nicht.

Das bringt mich wieder zu dem Punkt, daß allein die Sterbezahlen ein Indikator dafür sein sollten, was gemacht wird. Kein vernünftiger Mensch würde warten, bis es Leichenberge gibt, weil dann wäre es vielleicht zu spät etwas zu tun. Auf der anderen Seite, tun wir gerade etwas, haben aber nicht die passenden Leichenberge dafür, um es zu rechtfertigen. Wäre es zu viel verlangt, den Zwischenweg zu wählen: Weniger tun und einfach abwarten?

Mit dem Gedanken, lasse ich Euch einfach mal alleine.

Edit: @Houston Bitte entschuldigt den Schreibfehler, daran ist nur Apollo 13 Schuld  😉