Coronachroniken: Kleine Medienkompetenzübung

Fangfrage: Wie mache ich mich als Zeitung unglaubwürdig?

Coronachroniken: Kleine Medienkompetenzübung

Weil sich die Zeitungsportale mal wieder mit Zahlen überbieten, hier für Euch eine kleine Medienkompetenzübung:

Schwierigkeitsgrad: Grundschule.

Folgende Schlagzeilen gab es heute, am 18.11.2021 bei Google-News zu sehen:

Wie man hier lesen kann, hatten wir mehr als 65.000 Neuinfektionen( an einem Tag).

Wollen wir mal nachsehen, ob das überhaupt stimmt?

Na gut, die Quelle ist ja das RKI, also schauen wir mal ins Dashboard:

Keine der RKI Tageszahlen sagt was von 65.000, da muß also eine Berechnung im Spiel sein…

2021-11-18 RSKI Dashboard Balkengrafik der letzten 2 Wochen mit den Tageszahlen.Stand: 18.11.2021 RKI Dashboard – Fälle/Tag (Meldungen)

Wie kommt man auf 65.000, wenn es für gestern „bloß“ 45.000 waren? Nicht über das „bloß“ aufregen, die Zahlen sind schlimm genug. Mit „Gestern“ , also in den „letzten 24h“ waren es zusammen 61.008 Meldungen über Neuinfektionen. Ihr seht schon wo das hinführt, oder?

Es geht hier nicht um aktuelle absolute Zahlen an einem Tag, sondern die Anzahl der Meldungen über Neuinfektionen, die im System vom RKI an einem Arbeitstag reinkamen, egal für welchen realen Tag.

Beispiel:

Stand: 18.11.2021 RKI Dashboard Fälle/Tag (Meldung )

Die Frage „Wer da im November noch einen Zettel findet, wo eine Infektion draufsteht, die nicht im System drin ist“ stelle ich lieber nicht 😉

Nimmt man alle Meldungen die gestern ins System gelangt sind zusammen, kommt man auf 65.371 , die Zahl, die im RKI Dashboard ganz prominent, und für jede Zeitung ersichtlich, auf Seite 1 prangt:

Das ist eine Abweichung zum Verständnis von „an einem Tag“ der normalen Bevölkerung von 6,674% .

Wenn man als Zeitung „an einem Tag“ schreibt, sollte der Zeitraum der präsentierten Zahlen auf 24h umfassen und nicht 2 Jahre!

Ergo: Nicht alles einfach so glauben, nur weil es in der Zeitung steht ( Hallo Reinhard Mey ). 60k ist auch eine Hausnummer und die hatte ich vor einigen Tagen schon prognostiziert.

Jetzt müßt Ihr natürlich noch daran denken, daß die obigen Tageszahlen allesamt überhöht sind, weil wie wir schon aus 2020 wissen, die Ärzte und Ämter am Wochenende nicht so melden, weil da auch nicht jeder zum Arzt rennt. Das ist auch der Grund wieso in meinem Graphen der berichtigte und gemittelte 7Tage-Delta gezeigt wird, das bildet die Lage nämlich weniger dramatisch und viel realistischer ab.

Coronachroniken: Hat sich die Lage eigentlich geändert?

 

CoronaChroniken: Das RKI, der Graph, die Welle

Liebe Maskierte,

in den letzten Tagen fiel mir etwas an den RKI Daten auf, da habe ich mal nachgefragt.

CoronaChroniken: Das RKI, der Graph, die Welle

Vor einigen Tagen habe ich die Pressestelle des RKI gefragt, warum die Zunahmen bei den täglichen Schwankungen der Infektionszahlen farblich hervorgehoben werden, die Abnahmen aber nicht.

Vorweg: das ist an sich kein Drama, da die Abnahmen viel weniger stark sind, als die Zunahmen. Allerdings ist das intransparent gestaltet und da stellt sich die Frage, ob das am Dashboardanbieter liegt, oder gewollt ist.

Ergo, habe ich da mal nachgefragt. Da ich niemanden persönlich vorführen möchte, habe ich den Namen ausgexxt. Natürlich liegen mir meine Emails noch vor, ich kann das also jederzeit belegen 😉

Hier die Frage vom 3.8.:

Guten Tag,

kurze Frage, gibt es einen Grund, wieso die Korrektur der
Infektionszahlen nach unten nicht genauso prominent dargestellt wird,
wie die Korrektur der vorherigen Tage nach oben? Wenn ja, welcher wäre
das? Wenn nein, planen Sie das noch anpassen zu lassen?

und hier die Antwort vom 3.8.:

vielen Dank für Ihre Anfrage. In der aktuellen Krise werden die Daten des infektionsepidemiologischen Meldewesens zu COVID-19 mit einem möglichst geringen Zeitverzug publiziert. Dies trägt der sehr hohen Dynamik der Lage Rechnung. Allerdings werden hierdurch zuweilen auch Daten vor Qualitätskontrollen und Validierungen veröffentlicht. Durch weitere Ermittlungen der Gesundheitsämter und Plausibilitätsprüfungen kann es zu Nachträgen oder Korrekturen kommen, was vereinzelt zu Abweichungen gegenüber den zuvor berichteten Daten führt. Die Fallzahlen werden dann entsprechend korrigiert. Auch Abweichungen nach unten sind möglich, etwa, wenn ein Fall nach der Ermittlung des Wohnortes einem anderen Gesundheitsamt zugewiesen wird. Dies ist Ausdruck der kontinuierlichen Qualitätssicherung durch die zuständigen Behörden.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
***** *******
————————————-
Robert Koch-Institut
Pressestelle
Nordufer 20
13353 Berlin

Wer findet da jetzt die Antwort auf die gestellte Frage? 😀 Wäre das in einem Deutsch Aufsatz passiert, hätte der Lehrer unten „Thema verfehlt“ drunter geschrieben 😉

Also habe ich am 4.8. einem dezenten Hinweis an die Pressestelle geschickt, aber leider keine Antwort bekommen 😀

Ok, das ist erst 2 Tage her und vermutlich einfach untergegangen. Ich hatte vorgeschlagen, den Graphen im Dashboard durch zwei Graphen zu ersetzen: 1. mit dem aktuellen Stand in absoluten Zahlen  und 2. dem Delta-Graphen, der die Unterschiede + wie – zum Vortag zeigt.

Das könnte so aussehen:

Man sieht ja den Stand und die Änderungen.

Ich würde ja gerne zwei Graphen untereinander haben, so daß der Maßstab für den Änderungsgraphen günstiger ist, aber Calc gibt das leider nicht her 🙁 Egal, Ihr seht was gemeint ist. Am Anfang der Grafik oben, sieht man auch negative Änderungen zwischen dem Stand vom 31.7 und dem von heute 6.8 für die jeweiligen Tage.

Die Ursachen für diese Änderungen sind eigentlich klar: es kam zu Meldeverzug, weil der Arzt nicht mehr gefaxt hat oder das Gesundheitsamt hatte Feierabend oder es war einfach ein erstes Testergebnis, daß sich beim Nachtesten nicht bestätigt hat. Da gibt es genug Gründe, wieso die Zahlen nachträglich geändert werden müssen. Das es auch in beide Richtungen passiert ist ein positives Qualitätsmerkmal.

Nur die einseitige Darstellung im Dashboard des RKI Dienstleisters, die müßte mal mal ändern, weil so der Eindruck entsteht, daß die Lage absichtlich schlimmer dargestellt werden soll, als sie es ist. Ich persönlich denke ja, daß der Anbieter das einfach so nicht vorgesehen hatte und das schleunigst nachholen sollte.

Die aktuellen Zahlen

gibt es jetzt im Graphen:

In zweieinhalb Wochen werden wir wissen, ob das was da leicht ansteigt auch ein Problem ist, denn dann kommen die Zahlen vom Bundesamt für Statistik rein. Und jetzt geht raus und tankt Sonne für Eure Abwehrkräfte 😀

Übrigens Cato läßt grüßen: Ceterum censeo Personae esse delenda!