Ein MCP namens SystemD

Bunte Linien kreisen vor meinen Augen und bilden bunte Muster. Die Augen schmerzen. Der Kopf schmerzt und auch das Gehirn hat Schaden genommen. Die Welt ist dunkel, aber bunt.  Ich öffne die Augen. Ein rötlich strahlender Wächter stößt mich mit einer Energielanze an: „Aufstehen, Programm!“ Er will, daß ich mit ihm komme. Wir beschreiten Wege aus Energie… bunter Energie, seltsam neonfarbend und doch schwarz, wie die Nacht. Unterwegs treffen wir andere „Programme“ mit Ihren „Wächtern“. Bald stehe ich vor einem Kopf aus Licht: Der MCP, es gibt ihn wirklich!!!!!!

Verstört wache ich auf. Ein Computeradminalptraum, mitten am Tag, vermutlich am Keyboard eingenickt. Aber was könnte mir so einen Schrecken eingejagt haben, daß ich davon einen Tron .. ähm… traum hatte ?

Es fällt mir wieder ein, ich war grade dabei den Beitrag „Revenge of MariaDB“ Part II zu schreiben. Ja, MariaDB, was war doch gleich … achja.. ging mal wieder nicht nach dem Wechsel von F23 auf F24. Einer unserer Datenbankserver  macht merkwürdige Dinge. Die Webanwendung produzierte sporadisch „Kann nicht in die Datenbank verbinden“ Fehlermeldungen und brachte damit die QA vom Kunden an den Rand des Nervenzusammenbruchs.

Die Analyse geschaltete sich schwierig, weil die Admins immer erst nach einem Vorfall gerufen wurden, aber da ging es wieder. Erst eine zeitnahe Analyse des Netzwerkverkehrs bracht dann den ersten Hinweis: „Can’t create a new Thread. If you have enough free memory, check if … “

Damit konnte man etwas anfangen, ein Blick in eine spezielle Überwachungsdatei brachte dann den Hinweis, daß statt 40.000 Datenbankprozessen, nur wenige Hundert liefen. Also half nur ein Testlauf, mit einer Software, die Verbindungen in die Datenbank aufbaut und offen hält. Sowas kann man schnell in PHP, Perl oder Java schreiben:

import ordb.*;

public class Test {

    public static void main(String[] args) {

        Httpd[] liste = new Httpd[100000];
        for(int i=0;i< Integer.parseInt( args[0] );i++) {
            System.out.println("i="+i);
            liste[i] = new Httpd();
        }
        try {
            Thread.sleep(30000);
        } catch(Exception e) {

            e.printStackTrace();
            System.out.println(e);
        }

    }

}

In einer zweiten Konsole, kann man dann den Datenbankserver überwachen :

strace -e send,read,write -s 1024 -f -p `pidof mysqld`

Damit hat man alle Datenbankserverinstanzen im Blick, was die so Lesen und Schreiben und tatsächlich bestätigte dies den Anfangsverdacht, daß der Datenbankserver nicht genug Prozesse spawnen kann. Er setzte bei 512 Prozessen aus, viel zu wenig für unsere Anwendung.

Der schwierige Teil : Limits prüfen

Als erstes denkt man natürlich, daß sich bei den Limits aus Systemd und die Limits : The Revenge of Mariadb etwas geändert hätte, hatte es aber nicht. Wenn man das OS updatet können aber noch ganz andere Dinge passieren, also muß man hier nach „neuen“ Limits suchen.  Um überhaupt die Limits eines Prozesses Live einsehen zu können, muß man ins /proc/ eintauchen:  cat /proc/`pidof mysqld`/limits

Das kann dann so aussehen:

Limit                     Soft Limit           Hard Limit           Units     
Max cpu time              unlimited            unlimited            seconds   
Max file size             unlimited            unlimited            bytes     
Max data size             unlimited            unlimited            bytes     
Max stack size            unlimited            unlimited            bytes     
Max core file size        unlimited            unlimited            bytes     
Max resident set          unlimited            unlimited            bytes     
Max processes             unlimited            unlimited            processes 
Max open files            65536                65536                files     
Max locked memory         65536                65536                bytes     
Max address space         unlimited            unlimited            bytes     
Max file locks            unlimited            unlimited            locks     
Max pending signals       32195                32195                signals   
Max msgqueue size         819200               819200               bytes     
Max nice priority         0                    0                    
Max realtime priority     0                    0                    
Max realtime timeout      unlimited            unlimited            us

Dummerweise sagt dies genau, was man nicht hören will: Alles ok, es gibt keine Limits bei den Prozessen.

Und jetzt steht man da, wo zum Geier kommt dieses 512 Prozesse Limit her?

Es gibt eine Datei namens:  /etc/security/limits.conf

In der könnte man Limits für User eintragen, was aber nicht der Fall war. Außerdem wäre das in der Auflistung genau dieser Limits aufgefallen. Wo kommt dann das Limit her ?

An der Stelle muß man dann praktisch zu Denken anfangen, weil Docs lesen bringt einen fast nicht weiter, weil man gar nicht damit rechnet, daß es noch mehr Limitmöglichkeiten gibt, also auch nicht weiß in welcher Richtung man suchen sollte. Ein gesunder Pragmatismus ist jetzt hilfreich, vielleicht wars auch eine Verzweiflungstat :  grep -r 512 /etc/ /proc/sys/

Also in allen Dateien von ETC und PROC nach einer EIntragung mit 512 zu suchen. Und genau das hat zum Erfolg geführt, so daß ich jetzt eine Anklage wegen Ruhestörung und einen Abdruck meiner Hand an der Stirn habe 😀

Der SystemD macht mehr als er sollte

Im SystemD gibt es eine Konfigurationsdatei : /etc/systemd/system.conf

Der Auslieferungszustand bei Fedora ist, daß dort alle Werte auskommentiert sind, also ungültig sind. Dort fand sich eine 512 Eintragung und der Name der Option war … DefaultTasksMax=512 !

Aber die Option war abgeschaltet, also ist doch die erste Annahme, daß es kein Limit gibt, oder? Tja, Pech gehabt! Der Wert ist nur Deko, weil als Default in den SystemD einkompiliert 🙁

Zum Glück kann man den Wert in dieser Config ändern, den SystemD + MariaDB neustarten und dann wird der neue, unlimitierte Wert auch übernommen. Er taucht in keiner ( mir bekannten ) Procdatei auf. (Hinweise willkommen)

Alles in allem eine Änderung die wohl zu einer heftigen Reaktion seitens der Betroffenen geführt hat, weil die Systemd Entwickler das in einer neueren Version auf 15% der möglichen Prozesse eines Systems limitiert haben. In  unserem Fall wäre das noch schlimmer gewesen, weil wir so noch schlechter hätten Debuggen können, weil es sehr viel seltener passiert wäre.

Warum gibt es das Limit überhaupt ? Ja, weil es Bomben gibt. Das sind z.b. Bashscripte die sich selbst starten und dabei von der Shell abforken, so daß nach kurzer Zeit alle Resourcen eines Systems aufgebraucht sind. Hackt man also einen Server, könnte man den so intern dosen. Damit das nicht geht, gibt wenigstens ein Limit 😉 Das mal jemand Fedora als Server benutzt und dann auch noch als High Performance, damit hatte wohl niemand gerechnet 😀

Meiner Meinung nach, sollte sich der SystemD auf das Starten von Programmen konzentrieren, denn da ist er bedingt besser als SystemV. Aber die ganzen anderen Anmaßungen die das Teil so vornimmt, sind nicht so schön. Der SystemD kann einen echt fertig machen 😉

Ich bin mal gespannt, was beim nächsten OS Upgrade auf uns wartet 😉

Systemd und die Limits : The Revenge of Mariadb

Es hätte so ein schöner Tag werden können, Weihnachten ist grade rum, der deutsche Wetterdienst droht uns endlich mit Schnee und das Upgrade von Fedora 19 auf Fedora 20 lief gestern Nacht ohne Probleme ab. In freudiger Erwartung einer guten Meldung laß ich den morgendlichen Report meiner Serverfarm. Ok, es ist die Serverfarm meines Arbeitgebers, aber da ich mich morgens drum kümmern muß, ist es meine Farm. Mein System, meine Farm ! Pah.

Ich laß also im Bett die Emails der Nacht und alle Server schienen glücklich zu sein, nur einer meldete um 3 Uhr nachts über 500 Emails in seiner Mailqueue. Ein typischer Fall von Mailspam über ein gehacktes Mailkonto, doch dann wurde mir klar, es ist der Server der gestern sein Upgrade hatte und der hat gar keine Mailkonten die man hacken könnte. Mifft!

Einer ersten Analyse nach, liefen alle Dienste, schon mal ein gutes Zeichen. Dann schaute ich in das Logfiles des Mailserver und stiess auf eine große Anzahl von Fehlermeldungen, da der Mailserver nicht in den Datenbankserver einloggen konnte. Da aber die Emails über diesen Server angekommen waren, schien das nur ein temporäres Problem zu sein:

gave DEFER: MYSQL connection failed: Too many connections

Ohoh… nicht schon wieder.. In 2013 hatte wir nach einem Upgrade ein ähnliches Problem mit dem Httpd, der wollte nach Umstieg auf Systemd auch nicht mehr mit seinen Limits arbeiten. Zum Glück kann man das auf die gleiche Weise lösen, sollte man jedenfalls meinen.

Zunächsteinmal einen Blick in die /etc/my.cnf ob noch alles da ist, man weiß ja nie ..

[mysqld]
max_connections = 2000
max_join_size = 10M

noch alles da. Merkwürdig. Ein Blick ins Mysql-Logfile zeigte dann das hier :

10:26:15 [Warning] Changed limits: max_open_files: 1024  max_connections: 214  table_cache: 400

Das macht der liebe Mysqld, wenn das Open-Files-Limit nicht stimmt, denn Sockets sind auch nur Filedescriptoren. Aber moment, das hatten wir doch beim letzten Upgrade schon mal behoben! Wieso geht das nicht mehr ?

Ein Blick in /etc/systemd/system/mariadb.service zeigt uns: (u.a.)

[Service]
LimitNOFILE=1000000
Type=simple
User=mysql
Group=mysql

Da steht doch, daß er das Filelimit anheben soll, wieso tut er das nicht? Ab dieser Stelle haßte ich den Systemd wiedermal.. wie sich rausstellte, ist das Teil einfach großer „Mifft!“ wie Bernd sagen würde.

Es reicht nicht mehr, das NOFILE Limit ins eigene Servicefile zu packen, man muß es (auch noch) in einer eigenen Limitsdatei eintragen :

# cat /etc/systemd/system/mariadb.service.d/limits.conf 
[Service]
    LimitNOFILE=1000000

Wenn ich jetzt nostalgisch werde, müßt Ihr das verzeihen : Früher war alles besser !

Da gab es son Mist nicht. Der Systemd hat auch Vorteile, daß kann man nicht leugnen, aber für das Teil braucht man ein ganzes Handbuch, wo man vorher einfach mal „ulimit -n 100000“ im Initscript benutzen konnte und die Welt war wieder ok. Das war wirklich besser !