Ihr erinnert Euch noch an den Artikel Fedora 30&31 Bootumstellung führt zu Startproblem? Davon habe ich eine neue Version für Euch 🙂
Wenn sich Grub und Grubby uneins sind
Allen Anfängern rate ich jetzt mal zunächst ein bisschen zu Lesen: Grubby: wie man wieder einen Default Kernel setzen kann damit dürfte klar sein, was Grubby macht. Grub ist der verbreiteste Bootloader für Linux und der liest normalerweise das ein, was Grubby so von sich geschrieben hat. Wenn ich das schon so flapsig schreibe, dann kann das ja eigentlich schon nicht stimmen, tut es auch nicht immer 🙂
Fangen wir mit der Geschichte von vorn an …ää ähm .. ä ..hm… es war mal im Jahr 2019 ein Fedora Releasewechsel von Fedora 29 auf 30, und ein Linux Tablet. Ok,ok, mein Tablet war zwar an der Geschichte beteiligt, aber das hätte jedem PC passieren können, ehrlich 😉 Mit Fedora 30 wurde ja BLS eingeführt und dabei muß jemand an Grub geschraubt und was falsch gemacht haben, denn bis zu dem Upgrade lief das mit dem Setzen des Default Kernels über Grubby noch.
„Ihr wagt es mir zu trotzen, wer seid Ihr Ritter Rosthülle!“
Seit dem Update konnte ich machen was ich wollte, es wurde immer der erste Kernel in Menü als Bootkernel ausgewählt, egal was ich mit Grubby angestellt habe. Zu beachten ist hier, daß immer alle aktuell installierten Kernels im Menü aufgetaucht sind. Nun habe ich ja für den Beitrag zum neuen Surfacekernel Repo einen, wer würde es erraten, neuen Kernel installiert \o/ und prompt bootete der nicht automatisch. Da ich aber sicher gehen wollte, daß der immer startet, habe ich da nochmal alles überprüft.
Die Dateien in /boot/grub2/ waren alle OK. Wenn Grubby gehustet hat, änderten sich die grubenv und die grub.cfg untertänigst und trotzdem blieb es beim ersten Kernel im Menü. Unglaublich. Jetzt kann man glücklicherweise im Grubmenü auf „c“ drücken und kommt in die GrubShell. Wenn man da „set“ aufruft, zeigt er einem die Grubvariablen an, das sind die, die man mit dem Eintrag in der grubenv überschreiben kann. Wenn man sich die grub.cfg ansieht:
if [ -f ${config_directory}/grubenv ]; then
load_env -f ${config_directory}/grubenv
elif [ -s $prefix/grubenv ]; then
load_env
fi
erkennt man auch als Uneingeweihter, daß hier die grubenv geladen werden soll. d.b. Schritt Eins vom Bootloader, bevor das Menü überhaupt zusammenbaut wird, ist also die grubenv laden und die passenden Variablen setzen oder überschreiben.
Die GrubShell
Wie bereits erwähnt kann man sich das Ergebnis in der GrubShell ansehen, wenn man „set“ eingibt. Solltet Ihr beim nächsten Boot einfach mal machen und reinsehen. „boot“ oder „reboot“ bringen Euch da wieder raus. Als ich heute (für Euch vor 2 Wochen) in die Variablenliste von „set“ sah, wäre ich fast vom Stuhl gefallen. Da stand allen ernstes ein Kernel 5.2.7 (Fedora 29) als Defaultkernel drin! Den gab es unter /boot/ aber gar nicht mehr und das System hat nur eine Bootplatte. Ich habe ja erwähnt, daß alle Kernel, die hätten im Menü sein sollen, auch im Menü drin waren. Ein Kernel 5.2.7 wäre da aufgefallen.
Jetzt sucht mal auf der Platte nach einem Kernel, den es seit 5 Monaten nicht mehr gibt, viel Spaß dabei! Das muß ja irgendwo drin stehen, also /etc/ durchsucht, /boot/grub2 durchsucht, /usr/ durchsucht, nichts! Kein Kernel, kein Eintrag.. wo zum Geier kommt das her? Grubby schreibt doch jede Änderung des Kernels direkt in die Files, da KANN DOCH GAR KEIN ALTER KERNEL DRINSTEHEN!
Wenn A und B nicht das Gleiche sind!
Stands auch nicht. Die Lösung für das Problem war dann weniger spannend als die Suche danach 🙂 Grubby änderte die Dateien in /boot/grub2, aber Grub lud nicht /boot/grub2 sondern /boot/EFI/efi/fedora/ und da standen uralte Fedora 29 Sachen in den Dateien. Das ist so eine „Links weiß nicht was Rechts tun“ Geschichte. Die Lösung für das Problem ist dann ganz einfach, man nimmt einfach zwei Symbolische Links und verknüpft die beiden Orte, so daß es nur noch eine Datei mit dem Inhalt gibt, und nicht mehr zwei verschiedene.
Da Grubby alle aktuellen Anpassungen nach /boot/grub2/ schreibt, aber Grub aus /boot/EFI/efi/fedora/ liest und zu allem Überfluß /boot/ zu „/“ wird, wenn man der Bootloader ist, muß man ein klein bisschen kreativ werden, um den korrekt Pfad für den Link abzuleiten. Folgende Anweisungen können das für Euch direkt lösen:
mv /boot/grub2/grubenv /boot/EFI/efi/fedora/grubenv
mv /boot/grub2/grub.cfg /boot/EFI/efi/fedora/grub.cfg
cd /boot/grub2
ln -s ../EFI/efi/fedora/grubenv
ln -s ../EFI/efi/fedora/grub.cfg
Kurz erklärt
„mv“ steht für „move“ und verschiebt Dateien von A nach B. Wenn B vorhanden, wird es überschrieben, man muß B also nicht vorher löschen.
„ln -s {Pfad/Dateiname}“ legt den symbolischen (-s) Link von {Pfad/Dateiname} als „Dateiname“ im Filesystem an. Sollen Ziel und Quelle des Links gleich heißen muß man da nichts weiter angeben. Üblich wäre aber z.B. „ln -s pfad1/datei1 pfad2/datei2“ . In den Anweisungen oben haben wir einen relativen Pfad ../EFI/efi/fedora benutzt, weil /boot/EFI/efi/fedora nicht geht, da es /boot/ in der Bootparition nicht gibt, denn die wird während des Bootens erst später unter /boot/ eingehängt. Der Bootloader hantiert also direkt im /boot/ rum, weswegen in seinem Kontext „/boot/“ = „/“ ist. Das Root = / ist hätte man riskieren können, aber da Grub nicht von /boot/grub2 lädt, könnte da ja noch viel mehr anders sein, als mir jetzt bekannt ist. Daher war der relative Link hier sicherer als „ln -s /EFI/efi/fedora/grubenv“ zu benutzen.
Für Anfänger: Ein symbolischer Link ist eigentlich nur eine kleine Textdatei, wo das Ziel ( hier ../EFI/efi/fedora/grubenv ) drinsteht. Das Filesystem merkt das, und folgt dann dem Pfad zum eigentlichen Ziel. Symbolische Links kann man quer über alle eingehängten Partitionen benutzen. „Hardlinks“, die sich hier auch angeboten hätten, kann man nur innerhalb einer Partition benutzen, dafür haben die andere Vorteile.
Bugreport ist raus, mal sehen wann die Beule am Kopf der GrubDevs vom gegen die Wand schlagen wieder abgeschwollen ist 🙂