Statistiker: gezonkt wird immer

Neulich wurde mal wieder die sprichwörtliche Ziege durchs Dorf getrieben. In den 70er hatte ein Statistiker folgende Situation beschrieben:

Es gibt eine Spielshow mit drei Toren. Hinter einem der drei Tore liegt ein Preis.
Der Kandidat wählt ein Tor, der Moderator öffnet eins der anderen Tore. Ist dort der Gewinn hinter,verliert der Kandidat. Nun darf der Spieler entscheiden, ob er bei seinem Tor bleibt, oder ob er wechselt. Dem Moderator wird unterstellt, daß er weiß hinter welchem Tor der Gewinn ist und dieses Tor auf keinen Fall aufmacht.“

Die These: Man gewinnt mit 66% Wahrscheinlichkeit, wenn man das Tor in der zweiten Entscheidung wechselt.

„Geh aufs Ganze“ hieß übrigens die dazugehörige Fernsehverkaufsshow auf Kabel 1 in den 90ern.

Es folgt in der Fachpublikation eine Menge Mathematischer Beweise, die weder Sie noch die Sache wirklich braucht. Können Sie hier nachlesen : Steve Selvin, School of Public Health, Uni Berkley anno 1975

Schauen wir uns mal die Ausgangslage an:

Gewinn inKandidat wähltModerator nimmt wegKandidat wähltErgebnisgewechselt
AAC oder BB oder CVerlorenX
ACBAGewonnenX
ABCAGewonnenX

Man beachte, ob man das Spielchen mit dem Gewinn hinter A, B oder C macht, spielt keine Rolle, kommt dreimal das gleiche raus. Sind nur Permutationen. Kürzt sich am Ende weg.

Ergebnis: Gewinnchance 2:3 => 66%

„Sieht ja geil aus, wenn ich wechsle, gewinne ich mit einer 66% Wahrscheinlichkeit. Kaum zu glauben.“

Stimmt so leider nicht, denn bewertet wurde nur der Fall, daß jemand wechselt. Das jemand gleich richtig liegt und dabei bleibt, war nicht Ziel der Fragestellung. Außerdem wurden nicht alle Möglichkeiten aufgelistet, denn Zeile 1 der obigen Tabelle enthält in Wirklichkeit zwei Zeilen. Und an der Stelle unterscheiden sich jetzt Mathematiker von normalen Mensch, denn Mathematiker argumentieren jetzt mit den Regeln der Kombinatorik und deren Eigenarten, damit Tabellen wie oben rauskommen. Bezieht man das mit ein, sieht die Tabelle anders aus :

Gewinn inKandidat wähltModerator nimmt wegKandidat wähltErgebnisgewechselt
AACBVerlorenX
AABCVerlorenX
ABCAGewonnenX
ACBAGewonnenX

Ergebnis: Gewinnchance 2:4 => 50%  fürs ganze Spiel. Wirklich fürs ganze Spiel ? …. ähm.. Nein.

Jetzt mal mit dem Umstand, daß man nicht wechselt, denn das gehört ja auch zum Spiel:

Gewinn inKandidat wähltModerator nimmt wegKandidat wähltErgebnisgewechselt
AACAGewonnen
AABAGewonnen
AACBVerlorenX
AABCVerlorenX
ABCAGewonnenX
ABCBVerloren
ACBCVerloren
ACBAGewonnenX

Ergebnis:  Gewinnchance 50:50  => 50%  Keine Änderung!

Nun stand in der Aufgabenstellung, daß der Moderator betrügt, zum Wohle des Kandidaten und den Einschaltzahlen der Sendung wohlgemerkt, denn er wirft den Spieler nicht gleich bei der ersten Entscheidung raus 🙂

Jetzt also das Ganze ohne Betrug durch den Moderator :

Gewinn inKandidat wähltModerator nimmt wegKandidat wähltErgebnisgewechselt
AACAGewonnen
AABAGewonnen
AACBVerlorenX
AABCVerlorenX
ABCAGewonnenX
ABCBVerloren
ABAVerloren
ACAVerloren
ACBCVerloren
ACBAGewonnenX

Ergebnis: Gewinnchance 4:10 => 40%

Beweist, daß der Moderator wirklich ein netter war 🙂

Jetzt wirds doch mathematisch ansprechend, denn, wenn man nun ein Programm schreibt, daß 50000+  Durchgänge Spiele mit einem Zufallsgenerator durchtested, kommt man nicht auf 40%, sondern nur auf 33% Gewinne. (Erklärung siehe unten)

Zum getürkten Weg spuckte unser Programm diese Statistik aus:

Gewinnertor : Originalspielertor : Moderatortor : Spielertor Stufe 2 : X= Tor gewechselt

A : A : B : A :    -> 13873x gewonnen
A : A : B : C : X -> 13870x verloren
A : A : C : A :    -> 14021x gewonnen
A : A : C : B : X -> 13812x verloren
A : B : C : A : X -> 27658x gewonnen
A : B : C : B :    -> 27683x verloren
A : C : B : A : X -> 27817x gewonnen
A : C : B : C :    -> 27531x verloren

Wir erinnern uns, es gibt 3 Tore => 1/3 Wahrscheinlichkeit, daß ich das richtige Tor wähle und genau das erklärt auch wieso die Chance beim Wechsel 2/3 ist, denn das ist auch die Wahrscheinlichkeit, daß ich das falsche Tor wähle. Wenn ich also mit 2/3 falsch liege, kann der Wechsel nur bedeuted, daß ich aufs richtige Tor wechsle, da es nur noch eine 50:50 ( 1/2 ) Chance gegen mich gibt zu verlieren, ergibt sich:

(1/3) / (1/2)  = 2/3 das ich gewinne.

Fazit: im getürkten Spiel kann ich mit dem Wechsel zu 66% gewinnen. Wenn ich nicht wechsle, habe ich 50% Gewinnchance. Ohne Moderator bleibt es bei mageren 33% Chance.

Unser Programm hat das mal durchprobiert: Ohne Moderatorhilfe , mit Switch

A : B : C : A : X -> 27660x gewonnen
A : C : B : A : X -> 27994x gewonnen
A : C : A : C : – -> 27763x verloren
A : A : C : B : X -> 27750x verloren
A : B : A : B : – -> 27816x verloren
A : A : B : C : X -> 27759x verloren

Fazit: Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast.

Frage: Warum 92% der Menschen glauben, daß es eine 50% Chance wäre, wenn der Moderator dabei ist?

Antwort: Was erwarten Sie bei einem von vorn bis hinten getürkten Spiel eigentlich anderes?

Wars das jetzt endlich ?

Oh Nein, wir haben die Ziegen vergessen 🙂 In der fiktiven Spielshow waren es keine Zonks, wie in „Geh aufs Ganze“, sondern Ziegen die als Platzhalter für den Nichtgewinn standen. Ich nehme mal an, daß das deutsche Tierschutzgesetz echte Ziegen in der Show verhindert hat. Davon abgesehen, stinken die wirklich und mit den Plüschpuppen waren alle besser dran. Der Moderator, die Zuschauer und natürlich die Ziegen 😉 und ohne die Show im Fernsehen hätten wir auch nie gewußt, wie sich das Geräusch anhört, das ein Zonk ist 😀